Sonntag, 12. Oktober 2008
Fritz Riemann Grundformen der Angst
kay voges, 22:20h
Fritz Riemann, ein Tiefenpsychologe, geht davon aus, daß zwar alle Menschen individuelle Ängste haben, daß es aber auch viele Ängste gibt, die allen Menschen gemeinsam sind. So vielfältig demnach des Phänomen Angst sich auch darstellt - es gibt praktisch nichts, wovor man nicht Angst entwickeln kann - geht es doch meist immer um Varianten ganz bestimmter Grundängste.
Die Existenz von Ängsten ist weitgehend unabhängig von Kultur und Zeitalter, was sich ändert sind lediglich die Angstobjekte. Waren es früher Naturgewalten, die den Menschen Angst machten, sind es heute Bakterien, Verkehrsunfälle oder Einsamkeit, die Angst auslösen. Ängste sind dabei grundsätzlich nichts Negatives, sondern sie lassen Menschen beispielsweise auch über sich selbst hinaus wachsen.
Ursache aller Ängste ist das Faktum, daß menschliches Leben und dessen Gestaltung vier Grundforderungen unterliegt, die einander antinomisch als polare Gegensätze zugeordnet sind und sich so gleichzeitig ergänzen:
Wir sollen ein einmaliges Individuum werden, unser Eigensein bejahen und uns gegen anderes Eigensein abgrenzen <--> Wir sollen uns der Welt, dem Leben und den anderen Menschen vertrauend öffnen und uns auf sie einlassen.
Wir sollen Dauer anstreben, Pläne machen, diese nachhaltig und zielstrebig verwirklichen <--> Wir sollen uns wandeln, Veränderungen und Entwicklungen durchmachen, Vertrautes und Gewohntes aufgeben.
Riemann erläutert diese Notwendigkeiten und die damit verbundenen Ängste anhand des Gleichnisses der vier Bewegungen der Erde:
Die Erde dreht sich um die Sonne, was er eine Revolution oder "Umwälzung" nennt. Das Zentrum der Rotation liegt außerhalb der Erde. Wenn diese Rotation von der Erde verneint werden würde, müßte sie selbst zur Sonne werden und wäre der Mittelpunkt der Welt.
Dann dreht sich die Erde um die eigene Achse, d.h., sie vollzieht also eine "Eigendrehung" und hat somit das Zentrum der Rotation in sich. Wenn diese aufgegeben werden würde, wäre die Erde nur noch der Mond von der Sonne und würde unter deren Abhängigkeit stehen.
Die Schwerkraft, das Zentripetale, ist die Kraft, die zur Mitte strebt, also nach innen. Gäbe es diese nicht, würde die Erde auseinanderbrechen.
Die Fliehkraft, das Zentrifugale, ist die Kraft, die der Mitte flieht, also nach außen strebt. Ohne diese würde die Erde erstarren und wäre zur Unveränderlichkeit verdammt.
Riemann nimmt nun an, daß diese vier Bewegungen unbewußten Triebkräften und latenten Forderungen des Menschen entsprechen, die sich alle als Ängste unseres Lebens manifestieren:
die Angst vor der Selbsthingabe, als Ich-Verlust und Abhängigkeit erlebt
die Angst vor der Selbstwerdung, als Ungeborgenheit und Isolierung erlebt
die Angst vor der Wandlung, als Vergänglichkeit und Unsicherheit empfunden
die Angst vor der Notwendigkeit, als Endgültigkeit und Unfreiheit erlebt
Die Existenz von Ängsten ist weitgehend unabhängig von Kultur und Zeitalter, was sich ändert sind lediglich die Angstobjekte. Waren es früher Naturgewalten, die den Menschen Angst machten, sind es heute Bakterien, Verkehrsunfälle oder Einsamkeit, die Angst auslösen. Ängste sind dabei grundsätzlich nichts Negatives, sondern sie lassen Menschen beispielsweise auch über sich selbst hinaus wachsen.
Ursache aller Ängste ist das Faktum, daß menschliches Leben und dessen Gestaltung vier Grundforderungen unterliegt, die einander antinomisch als polare Gegensätze zugeordnet sind und sich so gleichzeitig ergänzen:
Wir sollen ein einmaliges Individuum werden, unser Eigensein bejahen und uns gegen anderes Eigensein abgrenzen <--> Wir sollen uns der Welt, dem Leben und den anderen Menschen vertrauend öffnen und uns auf sie einlassen.
Wir sollen Dauer anstreben, Pläne machen, diese nachhaltig und zielstrebig verwirklichen <--> Wir sollen uns wandeln, Veränderungen und Entwicklungen durchmachen, Vertrautes und Gewohntes aufgeben.
Riemann erläutert diese Notwendigkeiten und die damit verbundenen Ängste anhand des Gleichnisses der vier Bewegungen der Erde:
Die Erde dreht sich um die Sonne, was er eine Revolution oder "Umwälzung" nennt. Das Zentrum der Rotation liegt außerhalb der Erde. Wenn diese Rotation von der Erde verneint werden würde, müßte sie selbst zur Sonne werden und wäre der Mittelpunkt der Welt.
Dann dreht sich die Erde um die eigene Achse, d.h., sie vollzieht also eine "Eigendrehung" und hat somit das Zentrum der Rotation in sich. Wenn diese aufgegeben werden würde, wäre die Erde nur noch der Mond von der Sonne und würde unter deren Abhängigkeit stehen.
Die Schwerkraft, das Zentripetale, ist die Kraft, die zur Mitte strebt, also nach innen. Gäbe es diese nicht, würde die Erde auseinanderbrechen.
Die Fliehkraft, das Zentrifugale, ist die Kraft, die der Mitte flieht, also nach außen strebt. Ohne diese würde die Erde erstarren und wäre zur Unveränderlichkeit verdammt.
Riemann nimmt nun an, daß diese vier Bewegungen unbewußten Triebkräften und latenten Forderungen des Menschen entsprechen, die sich alle als Ängste unseres Lebens manifestieren:
die Angst vor der Selbsthingabe, als Ich-Verlust und Abhängigkeit erlebt
die Angst vor der Selbstwerdung, als Ungeborgenheit und Isolierung erlebt
die Angst vor der Wandlung, als Vergänglichkeit und Unsicherheit empfunden
die Angst vor der Notwendigkeit, als Endgültigkeit und Unfreiheit erlebt
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