Mittwoch, 1. Oktober 2008
Buch der Unruhe, Pesoa
alex1635, 20:29h
Pesoa, Buch der Unruhe:
213 Alles verflüchtigt sich in mir. Mein ganzes Leben, meine Erinnerungen, meine Phantasie und was sie enthält, meine Persönlichkeit, alles verflüchtigt sich in mir. Ständig fühle ich, dass ich ein anderer war, dass ich als anderer fühlte, dass ich als anderer dachte. Ich sehe ein Schauspiel mit einem nicht dazugehörigen Bühnenbild. Und was ich da sehe, bin ich.
Mein Gott, mein Gott, wen sehe ich da? Wie viele bin ich? Wer ist ich? Was ist dieser Raum zwischen mir und mir?
214 Ich weiß wohl, es ist ein leichtes, eine Theorie vom Verfließen der Dinge und Seelen zu entwerfen, zu begreifen, dass wir ein innerer Lebenslauf sind, sich vorzustellen, dass wir durch uns selbst hindurchgehen, dass wir viele waren… Doch wir haben es hier mit etwas anderem zu tun, nicht mit dem bloßen Dahinströmen der Persönlichkeit zwischen ihren eigenen Ufern; hier ist es das andere Absolute, ein fremdes Wesen, das meines war.
215 Ich vertrete die widersprüchlichsten Meinungen, die unterschiedlichsten Glaubensanschauungen. Daher denke, rede, handle ich nie … für mich denkt, redet, handelt stets einer meiner Träume, in dem ich mich im entsprechenden Augenblick verkörpere. Ich rede, und ein Ich-Anderer spricht. Als wirklich mein empfinde ich einzig eine enorme Unfähigkeit, eine unermessliche Leere, ein Unvermögen gegenüber allem, was Leben ist.
326 Im übrigen Träume ich nicht mehr, als ich lebe: Ich träume das Leben. Alle Schiffe sind Traumschiffe, sobald sie zu träumen in unserer Macht steht. Den Träumer tötet, dass er nicht lebt, wenn er träumt, den Handelnden hindert, dass er nicht träumt, wenn er lebt. Ich habe die Schönheit des Traums und die Wirklichkeit des Lebens zu einer einzigen Glücksfarbe verschmelzen lassen…. Den Traum töten heißt uns selbst töten, heißt unsere Seelen verstümmeln.
Von der Kunst des rechten Träumens (S. 478) Ich wusste nie, was ich empfand. Wann immer man mir von dieser oder jener Gemütsbewegung erzählte und sie beschrieb, war mir stets, als beschriebe man etwas in meiner Seele, doch dachte ich dann nach, kamen mir stets Zweifel. Ich weiß nie, ob ich das, was ich zu sein verspüre, wirklich bin, oder ob ich es nur zu sein glaube. Ich bin eine Gestalt aus meinen eigenen Dramen.
213 Alles verflüchtigt sich in mir. Mein ganzes Leben, meine Erinnerungen, meine Phantasie und was sie enthält, meine Persönlichkeit, alles verflüchtigt sich in mir. Ständig fühle ich, dass ich ein anderer war, dass ich als anderer fühlte, dass ich als anderer dachte. Ich sehe ein Schauspiel mit einem nicht dazugehörigen Bühnenbild. Und was ich da sehe, bin ich.
Mein Gott, mein Gott, wen sehe ich da? Wie viele bin ich? Wer ist ich? Was ist dieser Raum zwischen mir und mir?
214 Ich weiß wohl, es ist ein leichtes, eine Theorie vom Verfließen der Dinge und Seelen zu entwerfen, zu begreifen, dass wir ein innerer Lebenslauf sind, sich vorzustellen, dass wir durch uns selbst hindurchgehen, dass wir viele waren… Doch wir haben es hier mit etwas anderem zu tun, nicht mit dem bloßen Dahinströmen der Persönlichkeit zwischen ihren eigenen Ufern; hier ist es das andere Absolute, ein fremdes Wesen, das meines war.
215 Ich vertrete die widersprüchlichsten Meinungen, die unterschiedlichsten Glaubensanschauungen. Daher denke, rede, handle ich nie … für mich denkt, redet, handelt stets einer meiner Träume, in dem ich mich im entsprechenden Augenblick verkörpere. Ich rede, und ein Ich-Anderer spricht. Als wirklich mein empfinde ich einzig eine enorme Unfähigkeit, eine unermessliche Leere, ein Unvermögen gegenüber allem, was Leben ist.
326 Im übrigen Träume ich nicht mehr, als ich lebe: Ich träume das Leben. Alle Schiffe sind Traumschiffe, sobald sie zu träumen in unserer Macht steht. Den Träumer tötet, dass er nicht lebt, wenn er träumt, den Handelnden hindert, dass er nicht träumt, wenn er lebt. Ich habe die Schönheit des Traums und die Wirklichkeit des Lebens zu einer einzigen Glücksfarbe verschmelzen lassen…. Den Traum töten heißt uns selbst töten, heißt unsere Seelen verstümmeln.
Von der Kunst des rechten Träumens (S. 478) Ich wusste nie, was ich empfand. Wann immer man mir von dieser oder jener Gemütsbewegung erzählte und sie beschrieb, war mir stets, als beschriebe man etwas in meiner Seele, doch dachte ich dann nach, kamen mir stets Zweifel. Ich weiß nie, ob ich das, was ich zu sein verspüre, wirklich bin, oder ob ich es nur zu sein glaube. Ich bin eine Gestalt aus meinen eigenen Dramen.
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